AUCH NACH SECHS JAHREN: DER PREIS IST DER SKANDAL

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Der Fair Rubber e.V. ist aktuell im 7. Jahr, in Ehen manchmal ‚ein verflixtes 7.’, aber für den Fair Rubber e.V. ein Jahr des ‚Erwachsenwerdens’:

Die Zahl der am Fairen Handel mit Naturkautschuk Beteiligten wächst kontinuierlich, zuletzt trat eine große australische Gummihandschuh-Firma bei. Nach sechs Jahren haben wir auch mehr Mitarbeiter (siehe Artikel links). Dies war die Voraussetzung für eine sehr spannende Entwicklung: Der Verein ist inzwischen nicht mehr von den Forest Stewardship Council (FSC) Standards ‚abhängig’, mit Fair Trade-Kriterien, die daran ‚einfach angehängt’ waren. Wir haben jetzt unsere eigenen, brandneuen Fair Rubber e.V.-Kriterien (die Sie hier herunterladen können Kriterien). Und während Sie diesen Rundbrief lesen, finden die ersten unabhängigen Audits statt. Wobei wichtig ist, dass der Verein die Kontrollbesuche zahlt: wie könnten wir uns sonst als Fair Trade-Organisation bezeichnen, die ‚benachteiligten Produzenten’ helfen will?

Und weil Audits teuer sind und bei den Lieferantenpartnern viel Aufwand verursachen, haben wir uns intensiv bemüht, dass Parameter, die bereits in einem anderen Zusammenhang überprüft werden, für ‚unsere’ Audits nicht nochmals kontrolliert werden müssen. Dazu gehören z. B. alle Umweltstandards die wir (mit freundlicher Genehmigung) von den FSC-Kriterien übernehmen konnten. Anders ausgedrückt: Bei FSC zertifizierten Plantagen konzentriert sich der Fair Rubber-Audit auf das Prüfen der Fair Trade-Spezifika (Buchhaltung und, besonders wichtig, die ‚inhaltliche’ Prüfung: Wer traf die Entscheidung über die Nutzung der Prämie? Die Fair Trade Gremien (‚Joint Bodies’) müssen per Protokolle den Prozess der Entscheidungsfindung dokumentieren).

Trotzdem kommt etwas Wehmut auf, dass wir aus dem kleinen Kreis vertrauter, langjähriger Kollegen und Partner ‚herausgewachsen’ sind: Aber um das Vertrauen zu rechtfertigen, das die Konsumenten in uns setzen, wenn sie Produkte mit dem Fair Rubber-Logo kaufen, brauchen wir unabhängige Audits. Sie sind heutzutage schlicht ein ‚notwendiges Übel’. Was nicht davon ablenken darf, dass selbst bei Erfüllen aller Kriterien Produzenten unter zu niedrigen Preisen leiden: Solange keine fairen Preise bezahlt werden, dokumentieren Audits letztlich nur die anhaltende Ungerechtigkeit im globalen Handel.

Bei einem Runden Tisch zum Thema ‚nachhaltiger Naturkautschuk’ Ende September in Bonn waren Vertreter der Automobilbranche, Gummihändler und Vertreter von Nichtregierungsorganisationen anwesend. Man war sich einig, dass die Preise für Naturkautschuk weiterhin beklagenswert niedrig sind und meist unter den Produktionskosten liegen. Weshalb Gummibäume nicht mehr nachgepflanzt oder schlicht gerodet werden, um Platz für Ölpalmen zu schaffen. Gute Preise für Naturkautschuk gab es zuletzt 2011 – seither durchleben die Gummiproduzenten sieben magere Jahre - eine Besserung ist nicht in Sicht. Ein Händler wies darauf hin, dass die gegenwärtigen Preise unter denen der 1980iger Jahre liegen. Die Ausnahme ist natürlich jedes kg Gummi, das unter Fair Rubber-Kriterien verkauft wird: dank der Fair Trade-Prämie von EUR 0,50/kg Gummitrockenmasse (DRC) bekommen die Produzenten einen Preis, der über den Gestehungskosten liegt. Diejenigen, die versuchen, schlimme soziale Probleme wie Kinder- oder Zwangsarbeit, oder die Vernichtung von Regenwald wegen Kautschuks zu finden, suchen meist vergeblich: Sozialstandards sind vergleichsweise ‚gut’; Naturgummi ist aus Umweltsicht ein überlegenes Produkt. Es bleibt der Skandal, dass die Produzenten eines solchen phantastischen Produktes oft nicht einmal das Busgeld verdienen, um ihre Kinder zur Schule schicken zu können. Vier PKW-Reifen enthalten nur ca. 12 kg Naturgummi - die Fair Trade-Prämie dafür betrüge lediglich EUR 6.