BRÜCKE SCHAFFT ANBINDUNG

Die zwölfjährige Sinusia hat Grund, sich zu freuen: Seit die Brücke, die mit der Fair Trade-Prämie gebaut wurde, fertig ist, muss sie nicht mehr so weit laufen. Sinusia lebt mit ihren Eltern und rund einhundert anderen Familien in Govinna, einem abgelegenen Teil der Plantage. Egal wo man von dort aus hin wollte ‒ der Weg war weit oder teuer, so dass die meisten sich allenfalls für eine Strecke ein Motorrad-Taxi leisteten. Ein wirklicher Alptraum waren medizinische Notfälle: Die Ambulanz musste einen elf Kilometer langen Umweg fahren.

Mit der neuen Brücke sind es zum Krankenhaus nur noch drei Kilometer, und die Zeitersparnis kann bei einer Notfallbehandlung entscheidend sein. Und die Fahrt mit dem Motorrad-Taxi ist ein erschwinglicherer Luxus geworden; der Fahrpreis beträgt nur noch ein Drittel dessen, was man für den langen Weg bezahlen musste.

Ein nicht zur Plantage gehörendes Dorf in der Nähe profitiert ebenfalls. Zweimal im Jahr waren die rund viertausend Einwohner fast völlig von der Außenwelt abgeschnitten, weil der Monsun die Hauptverbindungsstraße überflutete. Jetzt bietet die Brücke eine Alternativroute. Wie wichtig das Brückenprojekt ist, lässt sich daran ermessen, dass Generationen von Plantagenarbeitern seit der Mitte des letzten Jahrhunderts die Umsetzung fordern. Damit ist die Brücke als erstes aus Fair Trade-Mitteln bezahltes Projekt ein guter Start für den 2012 gegründeten Fair Rubber e.V..Den Plantagenarbeitern war die Einweihung nicht nur ein Fest wert, sondern es gibt auch einen Gedenkstein, der ‒ laut Auskunft des Übersetzers ‒ auch den Fairen Handel und den Fair Rubber e.V. würdigt. Eine Abkürzung macht Geschichte.

Fair Trade schafft den Anschluss

Für Lalita Ayrangani beginnt der Tag früh. Um 4.30 Uhr steht sie auf und beginnt für die ganze Familie zu kochen: Reis, Gemüsecurry und einen Kokosnuss-Dip, zum Frühstück und für das Mittagessen, das jeder zur Arbeit mitnehmen kann. Ihre Tochter, ihr Sohn, dessen Frau und die vierjährige Enkeltochter leben nebenan. Um 6 Uhr geht die 44-jährige Lalita zum Fabrikgebäude, in dem der Latex weiterverarbeitet wird, Arbeitsbeginn ist um 6.30 Uhr. Bis vor kurzem musste Lalita noch früher aufstehen: Vor über einem Jahr stürzte der Tank, aus dem die Leitung für die Wasserversorgung in Lalitas Haus gespeist wurde, ein, was bedeutete, dass sie und die übrigen Familienmitglieder mehrmals am Tag zu einer mehr als 500 Meter entfernten Quelle gehen mussten, um jeden Liter Wasser, der zum Trinken und Kochen gebraucht wurde, in Eimern und Krügen herbeizuschleppen.Das Fair Trade-Komitee war sich einig, dass ein neuer Wassertank Priorität haben sollte. Inzwischen sind die Arbeiten abgeschlossen und aus dem Hahn hinter Lalitas Haus sprudelt wieder Wasser. Sie muss nur noch eines der bauchigen Edelstahlgefäße füllen und um die Ecke in die Küche tragen.

Lalitas Schicht in der Fabrik endet um 15 Uhr. Gewöhnlich kauft sie danach ein paar Lebensmittel im Coop-Laden der Plantage und Gemüse von einem der Stände in der Nähe. Wenn sie nach Hause kommt, spielt sie mit ihrer Enkelin, wäscht Wäsche, nimmt ein Bad und macht sich daran, das Abendessen für die Familie zu kochen. Ihre Kinder arbeiten alle in einer Fabrik, in der Kleidungsstücke hergestellt werden. Die Firma sorgt für den Transport, aber die Löhne sind niedrig, nur 12.000 Rs pro Monat. Warum arbeiten die Kinder nicht auf der Plantage, wo sie mehr verdienen könnten? Lalita lächelt und zuckt mit den Schulter. "Die Arbeit in der Kleiderfabrik ist sauber", sagt sie, "und die Kinder sind zur Schule gegangen, sie finden, dass ein Job auf einer Plantage nichts für sie ist." "Viele junge Leute arbeiten für ein paar Jahre in diesen Fabriken", sagt Nisala Jayawardena, der Manager der Plantage Horana, "aber dann werden sie 30 und haben genug davon, jeden Tag ein paar Stunden im Bus zuzubringen, und von dem Krach in den Fabrikhallen und dann bewerben sie sich bei uns um einen Job."

Lalita war sieben Jahre alt, als sie mit ihren Eltern und Großeltern nach Horana kam. Ihr Vater arbeitet noch immer in der Fabrik, ihre Mutter ist im Ruhestand. Seit dem Tod ihres Mannes bewohnt sie zwei kleine Räume allein. Ihr Wohnzimmer, in dem Familienfotos, Vasen und Götterfiguren liebevoll auf den wenigen Möbeln arrangiert sind, führt auf die Veranda. Die übrige Familie teilt sich den Rest des Hauses, zwei Schlafzimmer und ein Wohnzimmer mit Vasen voller Kunstblumen und einem kleinen Fernseher in der Ecke. Die Kinder kommen gegen 19.30 Uhr von der Arbeit, rechtzeitig zum Beginn der singhalesischen Seifenopern, die das Sri Lankesische Fernsehen jeden Abend zeigt. Welche Hoffnungen und Träume hat Lalita im Blick auf die Zukunft? Seit das Wasser wieder läuft, sei sie zufrieden, sagt sie. Jetzt wünscht sie sich nur, dass es den Kindern gut geht und sie sich in einer eigenen Wohnung in der Nähe niederlassen können.